Gianni Infantino ist FIFA-Präsident

SID
Gianni Infantino ist neuer FIFA-Präsident
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Der Schweizer Gianni Infantino ist zum Präsidenten des Fußball-Weltverbands FIFA gewählt worden. Der bisherige Generalsekretär der Europäischen Fußball-Union (UEFA) beerbt damit den gesperrten Joseph S. Blatter, der 17 Jahre lang an der FIFA-Spitze gestanden hatte.

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"Die FIFA hat harte Momente hinter sich, Krisenmoment. Aber das ist jetzt vorbei", sagte Infantino: "Wir möchten den Respekt der ganzen Welt. Wir werden mit Hingabe arbeiten, so dass wir uns wieder auf dieses wundervolle Spiel konzentrieren können."

Der bisherige Generalsekretär der UEF), der nur wegen der Sperre gegen UEFA-Boss Michel Platini (Frankreich/60) für das höchste FIFA-Amt angetreten war, setzte sich im Hallenstadion im Kopf-an-Kopf-Rennen gegen seinen größten Konkurrenten Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa (Bahrain/50) im zweiten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit von 115 der insgesamt 207 Stimmen durch. Für Scheich Salman votierten nur 88 Delegierte. Der jordanische Prinz Ali bin Al Hussein (40) mit vier Stimmen und Jérôme Champagne (57) aus Frankreich ohne jegliche Unterstützung in der zweiten Runde waren chancenlos.

Im ersten Durchgang Runde hatte keiner der insgesamt vier verbliebenen Kandidaten die für einen Sieg zunächst nötige Zweidrittelmehrheit erreicht. Der 62-jährige Südafrikaner Tokyo Sexwale hatte seine Kandidatur bereits vor dem ersten Urnengang zurückgezogen.

"Das Geld der FIFA gehört Ihnen"

Infantino, dessen Ziel die Ausweitung der Weltmeisterschaft auf 40 Teilnehmer ist, bestätigte in seiner Rede vor der Wahl allerdings auch viele seiner Kritiker. "Das Geld der FIFA gehört Ihnen", rief der Jurist in Richtung der Delegierten. Das war schon in den vergangenen Jahren die Taktik seines tief gefallenen Vorgängers Blatter: Gebt mir die Stimme, ich gebe Euch Geld.

Aber Infantino "will das Richtige tun, das Richtige für die FIFA und den Fußball". Das am Vormittag auf den Weg gebrachte Reformpaket wird dabei helfen.

Mit 179 von 201 gültigen Stimmen (89 Prozent) wurde das Paket um 11:21 Uhr von der großen Mehrheit abgesegnet. Unter anderem eine Gewaltenteilung, mehr Transparenz und Integrität sowie eine Frauenquote werden nun in die FIFA-Statuten implementiert. Die Veränderungen treten 60 Tage nach dem Kongress in Kraft.

Die beschlossenen Reformen der FIFA

"Sie haben die große Chance, ein neues Kapitel aufzuschlagen", hatte Thomas Bach, der deutsche Präsident des IOC, zuvor eindringlich an die Vertreter der FIFA-Mitgliedsverbände appelliert. Ein Scheitern wäre "ein Albtraum" gewesen, sagte auch der frühere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (65) im SID-Gespräch vor Kongress-Beginn.

Die einflussreichen Sponsoren der FIFA sowie die Justizbehörden aus der Schweiz und den USA hatten den Neuanfang vehement gefordert - alles andere hätte den Weltverband noch viel, viel tiefer in die Krise gestürzt.

Gewaltenteilung bei der FIFA

Durch die wegweisende Entscheidung wird nun die Macht vom zuvor allmächtigen FIFA-Exekutivkomitee, das in eine Art Aufsichtsrat mit mehr Mitgliedern (36 statt 24, darunter mindestens sechs Frauen) umgewandelt wird, hin zum Generalsekretariat wandern.

In der neuen Schaltzentrale wird künftig das operative Geschäft mit den Milliarden-Deals abgewickelt. Der neue Rat (FIFA-Council) hingegen ist "nur" noch für die politische Richtung verantwortlich. Der neue und lediglich noch eher repräsentative Präsident ist dadurch nicht mehr der rechtliche Vertreter der FIFA und auch nicht mehr zeichnungsberechtigt.

Allerdings steckt dahinter der erste Fallstrick: Der neue und nunmehr sehr einflussreiche Generalsekretär wird künftig zwar nicht mehr vom Präsidenten ernannt und entlassen. Der neue FIFA-Boss schlägt aber weiterhin einen Kandidaten vor, der vom Council abgesegnet wird. Mit dem Nachfolger des Deutschen Markus Kattner, der die Verwaltung derzeit übergangsweise führt, steht und fällt deshalb fast der komplette Neuanfang.

Im neuen Rat wird zudem noch weiter der Großteil der Funktionäre sitzen, die in den vergangenen Jahren die Krise zu verantworten hatten. Der neue Integritäts- und Eignungscheck, der bei jedem neuen Ratsmitglied (gewählt wird weiterhin direkt in den Konföderationen) durchgeführt wird, fällt bei den Alteingesessenen aus. Auch gilt für die derzeitigen Exko-Mitglieder die neue Amtszeitbeschränkung (maximal zwölf Jahre) nicht rückwirkend, die Uhr wird auf null gestellt.

Mehr unabhängige Externe

Über allem wird künftig die unabhängige Audit- und Compliance-Kommission stehen, die beispielsweise alle Geldflüsse überwacht. In den in Zukunft nur noch neun ständigen FIFA-Kommissionen werden deutlich mehr unabhängige "Externe" sitzen. Für die personelle Zusammenstellung ist allerdings auch der Rat zuständig.

Das Gehalt der hohen Amtsträger wird künftig veröffentlicht - was eine der meistgestellten Frage ("Was verdient Blatter?") endlich beantworten wird.

Die Skandale der Vergangenheit muss der Weltverband allerdings unabhängig von seiner Neuausrichtung finanziell teuer bezahlen. Kattner erklärte, dass die FIFA im Jahr 2015 erstmals seit langer Zeit wieder Verlust gemacht hat. Die konkreten Zahlen sollen beim Kongress Mitte Mai in Mexiko vorgelegt werden.

Scheich Salman als fairer Verlierer

Der unterlegene Präsidentschaftsbewerber Scheich Salman bin Ebrahim Al Khalifa hat sich indes als fairer Verlierer gezeigt und dem neuen FIFA-Boss seine Unterstützung zugesichert. "Die AFC freut sich auf die Zusammenarbeit mit der neuen FIFA und deren neuem Präsidenten, um den Fußball-Weltverband zu reformieren und die Glaubwürdigkeit des Fußballs wiederherzustellen", sagte Scheich Salman, der Präsident der asiatischen Konföderation AFC ist.

"In diesen beispiellosen Zeiten braucht der Weltfußball Einheit", ergänzte er: "Die neue FIFA muss integrativer gestaltet werden und die Vielfalt der Welt des Fußballs widerspiegeln. Ich vertraue darauf, dass Gianni Infantino die Führung übernimmt, um dies ebenso zu erreichen wie den Rest der Reformen, die jetzt dringend benötigt werden."

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